Was mein Interesse an dieser Operette geweckt hat
Ich habe mir die Inszenierung von „Axel an der Himmelstür“ unter der Regie von Peter Lund and der Wiener Volksoper 2016 angesehen, weil mir eine der Grundidee dieser Interpretation von Ralph Benatzkys Werk (aus dem Jahr 1936) besonders gefiel :
Eine kitschig-seichte Operette, die im Hollywood der 30er Jahre spielt, wird unter anderem dadurch aufgepeppt, dass Bühnenbild, Kostüme, Requisiten und auch die DarstellerInnen komplett in Schwarz-Weiss gehalten sind.
Die Idee, einen Plot der in der Vergangenheit spielt, zu einer Zeit als es noch keine Farbfilme bzw. farbige TV-Ausstrahlungen gab, in einem modernen Film mit der Verwendung monochromer Farben zu unterstreichen, ist nicht neu. In den letzten 10-15 Jahren gab es einige Kinofilmen, wie z.B. den oscargekrönten „The Artist“ (2011 ) oder „Good Night and Good Luck“ (2005), welche diesen Zugang geschickt und erfolgreich nutzten.
Auf der Bühne hatte ich eine solche Darstellung noch nicht gesehen. Die kurzen Ausschnitte im TV waren vielversprechend, und da mit Andreas Bieber auch ein von mir sehr geschätzter Darsteller in der Hauptrolle zu sehen ist, hatte ich noch ein Argument mehr mir das Ganze einmal anzusehen.
Worum geht’s in dem Stück eigentlich ?
Die Handlung der Operette ist einfach und schnell zusammen zu fassen:
Der in Hollywood bisher wenig erfolgreiche Klatschreporter Axel Stiftelmeyer aus Wien, beschließt sich aus karrieretechnischen Gründen nicht nur in Axel Swift umzubenennen, sondern auch zu etwas unorthodoxen Methoden zu greifen, um der erste Journalist zu werden, der ein Exklusivinterview mit der attraktiven aber pressescheuen Filmdiva Gloria Mills führen darf.
Seine Lebensgefährtin Jessie und der plumpe aber gutmütige Theodor sind auch involviert. Nach diversen Beziehungsverwirrungen und Slapstickeinlagen findet Axel sich tatsächlich in der Villa der Filmdiva ein und wird dort sowohl in ein Beziehungsdrama zwischen Ms. Mills und ihrem derzeitigen Liebhaber als auch in den Diebstahl des Mills-Fairbanks Diamanten verwickelt. Natürlich ist das Ende happy.
3 Gründe warum der Schwarz- Weiss Effekt bei diesem Stück besonders zieht
Meiner Meinung nach hat das Konzept eindeutig seinen Effekt erreicht, wenn nicht sogar überboten, und zwar aus folgenden Gründen:
1. Nostalgische Distanz
Die optische Reduzierung auf monochrome Farbdarstellung erzeugt beim Betrachter eine nostalgische Grundstimmung, wodurch die ziemlich einfache, von Hollywoodklischees, Slapstickeinlagen und altmodischen Spannungselementen („Wer hat den Diamanten gestohlen?“ etc.) gespickte Handlung mit wohlwollender Distanz beobachtet werden kann. Gäbe es diesen Effekt nicht, so wäre mir persönlich die dümmliche Seichtheit mancher Passagen sicher schwerer zu ertragen gewesen.
2. Zielgruppenerweiterung
Die Volksoper bemüht sich schon seit einigen Jahren sehr. Erfolgreich darum, neben Operettenkennern und Besuchern älteren Semesters auch jüngeres Publikum ohne Operettenerfahrung anzusprechen, welches eine „normalen“ Inszenierung des Stoffes voraussichtlich weniger frequentieren würde.
Ältere Zuschauer erinnern sich beim Ansehen an ihre Jugend zurück ; den Jüngeren macht es Spaß nachzufühlen wie es wohl gewesen sein mußte in einer Welt zu leben die keine Farbfilme kannte.
Zu der erweiterten Zielgruppe gehören auch Leute wie ich selbst, die zwar noch nicht so alt sind, aber sich gerne alte Filme ansehen und sich das Stück ohne die Neugier auf die Umsetzung der Schwarz-Weiss Effekte wahrscheinlich eher nicht angesehen hätten.
3. Embrace the Flaws – umarme die Schwachstellen
Indem so manche, für meinen Geschmack etwas gar zu operettenklischeehafte, seichte Passage in Dialogen und Liedtexten, und Abgedroschenheit der Handlung mit der beschriebenen optischen Verzerrung und Distanzierung von den Sehgewohnheiten modernen Medienkonsums kombiniert wird, umarmt die ganze Inszenierung sozusagen die Schwachstellen des Stücks statt zu versuchen diese unter den Teppich zukehren.
Das macht in diesem Fall genau jenen gewissen Charme aus, der zumindest für mich seine Wirkung entfaltet und mich den Schwächen der Operette gegenüber gnädig gestimmt hat.
Fazit
Die Operette selbst würde ich mit 2 von 5 Krokis bewerten (es gibt weitaus schlechtere, aber auch einige bessere).
Durch die geniale Umsetzung des Schwarz- Weiss Kniffs (Bühnenbild von Sam Madwar und Kostüme von Daria Kornysheva) in Kombination mit den durchaus überdurchschnittlichen Leistungen der DarstellerInnen (allen voran Andreas Bieber in der Titelrolle Axel Swift und Bettina Mönch als Gloria Mills), erreicht die Wertung dieser Inszenierung für mich nostalgisch wohlwollende 3 von 5 Krokis.
3 / 5