You could just write your own rules. You know, write something that’s as interesting as you are !
(Vorsicht Spoiler !)
Ich liebe Musicals, habe in meinem bisherigen Leben schon viele auf der Bühne und der Leinwand gesehen und bin sozusagen mit dieser Kunstform aufgewachsen, da mein Vater für ein bekanntes Wiener Musicaltheater arbeitete. Trotzdem läßt mich La La Land irgendwie zwiegespalten und ratlos zurück. Anhand des Trailers traute ich mir noch garkeine Gefühlsregung zu, da ich den nicht so besonders bahnbrechend fand. Als ich aus allen Ecken hörte und las wie genial der Film sei und er ja auch für einige Oscars nominiert wurde, beschloss ich ihn doch noch anzusehen. Nach Ende des Films konnte ich mich dann einfach nicht entscheiden ob dieser nun genial, innovativ und einzigartig ist oder ein ambitionierter aber nicht ganz stimmiger Hybrid mehrerer Genres verpackt in einen modernen Musikfilm.
Um darüber zu sinnieren warum das so ist, muss ich an einigen Stellen etwas mehr ins Detail gehen, daher großer Spoiler-Alarm, falls jemand den Film noch nicht gesehen haben sollte.
Handlungsrahmen
Mia (Emma Stone) ist ein Mädchen vom Lande (aus Boulder, Colorado). Auf der Suche nach der großen Schauspielkarriere zog es sie, wie so viele andere auch, in die Filmhauptstadt Los Angeles. Dort arbeitet sie tagsüber in einem Café auf dem Studiogelände eines großen Filmstudios und versucht so viele Auditiontermine wie möglich zu nutzen, um am Ende doch einmal ihrer eigentlichen Berufung nachgehen zu können.
Sebastian (Ryan Gosling) ist ein begabter Pianist der Jazzmusik über alles liebt und gerne einen eigenen Club gründen möchte. Dafür fehlt im aber das Geld und er muss sich in Los Angeles zunächst als Background-Klavierspieler in einem Restaurant verdingen, in dem er belanglose Weihnachtslieder klimpern muss.
Beide träumen von der großen Chance in der Stadt der Engel durchzustarten, wohnen in eher traurigen Verhältnissen mit wenig Geld und wenig Möbeln in der Bude, dafür aber Toyota Prius fahrend (Mia) und stets mit coolen, teuren Klamotten bekleidet (Sebastians Anzüge, Mias Cocktailkleider). Schein ist eben manchmal mehr als Sein.
Begleitet von träumerisch bunten Tanz- und Gesangseinlagen, die sich mit etwas düsteren aber realistischen Dialogszenen und angenehm nostalgischen Jazzeinlagen abwechseln, treffen die beiden einander ganz zufällig, verlieben und unterstützen sich gegenseiteig, leben sich auseinander, haben am Ende gleichzeitig jeweils ein Happy End für die Karriere aber keine gemeinsame Beziehung mehr.
Pro
Der Film La La Land, geschrieben vom Regisseur Damien Chazelle selbst, ist eine Liebeserklärung an Los Angeles, die Filmhauptstadt der USA, sowie an das alte Hollywood, seine romantischen Tragik-Komödien, Musicals, optisch fulminanten Filmschöpfungen und an jene Menschen die an ihre Träume glauben und trotz aller Unwegsamkeiten so lange dran bleiben bis sich diese irgendwann auch erfüllen.
Gleichzeitig ist er aber auch gespickt mit vielen augenzwinkernden Seitenhieben auf die etwas groteskeren Schattenseiten der Film- und Musikindustrie. Hollywood glorifiziert und parodiert sich gleichzeitig, was wohl auch den großen Hype erklären dürfte, den der Film unter Filmschaffenden und Zusehern weltweit ausgelöst hat.
Am deutlichsten wird diese Berg- und Talfahrt durch die Geschehnisse um Emma Stone´s Rolle Mia (ohne Nachnamen) veranschaulicht. Dabei ist bei mir eine Szene besonders hängen geblieben, und zwar die in der Mia bei einer der zahlreichen Auditions für eine Filmrolle vor den Produzenten eine sehr emotionale Szene vorführen soll, in der sie auf Knopfdruck weinen muss. Sie präsentiert dies sehr überzeugend, merkt aber schnell dass ihr niemand so wirklich aufmerksam zusieht, und wird schließlich auch noch durch einen unangekündigt eintretenden Mitarbeiter unterbrochen, aus irgendeinem belanglosen Grund.
Anhand dieser Szene ist nachvollziehbar warum Emma Stone für den Oscar als beste Hauptdarstellerin nominiert wurde. Die Szene ist, soweit ich mich recht erinnere, ohne einen erkennbaren Schnitt in einem durch gedreht und ich kann mir vorstellen wie schwierig es ist die verschiedenen Emotionen so gekonnt mit kurzen Übergängen am Stück darstellen zu müssen.
Ryan Gosling als Sebastian gefiel mir auch ganz gut, obwohl seine Figur weitaus weniger Möglichkeiten hatte sich in allen Facetten zu zeigen als Emma Stones Mia. Die Chemie zwischen beiden Charakteren stimmte jedenfalls und vor allem am Ende fand ich auch Gosling sehr überzeugend in der Rolle des Jazzpianisten, welcher mehr oder weniger missmutig andere Jobs annimmt um über die Runden zu kommen, mit dem Ziel irgendwann seinen Traum zu leben und seinen eigenen Jazzclub nach seinen eigenen Regeln führen zu können.
In den Contras werde ich noch etwas mehr darauf eingehen was ich an dem Film eher mittelmäßig fand. Was das Gesamtwerk für mich aber wieder etwas aus der Mittelmäßigkeit herausreißt ist das definitiv starke und optisch sehr eindrucksvoll umgesetzte Ende, bzw. die beiden einander gegenübergestellten Enden.
Statt einer klischeehaften „Ende gut, alles gut“ Geschichte wird uns zunächst ein eher trauriges Beziehungende geschildert, optisch eher nüchtern mit grau-blauen Hintergründen und handlungsmäßig mit einer Begegnung der einstigen Liebenden fünf Jahre später in Sebastians gut laufendem Jazzclub. Während Mia, die jetzt offensichtlich eine wohlhabende, erfolgreiche Schauspielerin oder Drehbuchautorin ist, mit ihrem Ehemann im Publikum sitzt, spielt Sebastian traurig sinnierend auf seinem Piano. Dann wird die Szenerie plötzlich wieder in die knallbunte Scheinwelt gewechselt. Das alternative Hollywoodende wird erzählt mit einer Mischung aus schmalzigen Tanz- und Gesangszenen und einer Rückblende, die aussieht als hätte man sie mit einer alten Super8 Kamera gedreht. Mia und Sebastian bleiben zusammen und sind glücklich bis ans Ende ihrer Tage – doch dann kommt wieder ein Schwenk zurück in die realistische, nüchterne Welt. Mia verläßt mit ihrem Ehemann den Club und Sebastian spielt weiter mit seiner Jazzband. Ende.
Contra
Die ersten 30 Minuten des Films sind meiner Meinung nach die größte Schwachstelle. In dieser Zeit ist es für jeden Film besonders wichtig die richtige Stimmung zu erzeugen um Zuseher in die Welt der jeweiligen Geschichte hinein zu ziehen und ihnen Lust auf mehr zu machen. Ich brauchte bei La La Land aber sehr lange um in die Story einzusteigen und halbwegs das Gefühl zu haben eine sinnvolle Story erzählt zu bekommen, die sich nicht nur um Hollywood-Kitsch und eingängige aber sehr leichte Gesangsnumern dreht.
Ganz ehrlich, die Einstiegssequenz mit dem Stau auf der Autobahn, in der alle Insassen der wartenden Autos plötzlich rausspringen und fröhlich anfangen zu singen und zu tanzen, wirkte auf mich eher befremdlich und ich fragte mich was wohl in meine Bekannten gefahren sein musste, welche diesen Film als einen der besten der letzten Jahre wahrgenommen hatten. Zum Glück wurde es nach einiger Zeit besser und es stellte sich heraus, dass es um eine Gegenüberstellung von Hollywoodklischees und harter Wirklichkeit ging, mit der ich mich etwas besser anfreunden konnte.
Ein schaler Nachgeschmack blieb allerdings erhalten, und so hatte ich bei den Gesangseinlagen fast immer das Gefühl ähnliche Melodien immer wieder zu hören, nur mit anderem Text. Musikalisch und songtexterisch (ist das ein Wort?) gesehen konnten mich die Nummern alle nicht vom Hocker reißen. Nicht falsch verstehen, ich fand sie sehr solide aber eben auch nicht mehr als durchschnittlich.
Heraus gerissen haben’s für mich dann nur die Jazznummern und die eine Szene in der Emma Stone und Ryan Gosling steppen dürfen. Zwar auch keine sonderlich anspruchsvolle Steptanzchoreographie à la Fred Astaire und Ginger Rogers, aber immerhin gefühlvoll und unterhaltsam genug um zu unterhalten. Wer hätte gedacht, dass der toughe Typ aus Drive auch steppen kann ?
Gesangstechnisch fand ich die beiden Hauptdarsteller ok, aber auch nicht umwerfend grandios. Vor allem Ryan Gosling merkt man an, dass es nicht seine primäre Kunst ist. Aber auch Emma Stone hauchte in den höheren Lagen doch mehr als sie sang. Ist ok für Schauspieler die zwar grundlegende Gesangstechnik beherrschen aber doch aus ganz anderen Genres kommen. Im Vergleich zu anderen DarstellerInnen mit ähnlichen Voraussetzungen, z.B. Nicole Kidman in Moulin Rouge (2001) aber ebenfalls nur Durchschnitt. Vielleicht hätte man die Hauptrollen doch mit echten MusicaldarstellerInnen besetzen sollen statt mit bereits bekannten Stars die ursprünglich nicht aus dieser Ecke kommen?
Weil wir schon bei Moulin Rouge sind: Ich ärgerte mich damals schon darüber, dass diese Produktion zwar für den Oscar als bester Film nominiert war, ihn aber dann nicht erhielt, während das weitaus weniger spektakuläre Chicago (2002) ein Jahr später mit dem begehrten Filmpreis belohnt wurde, ihn aber meiner Meinung nach weniger verdiente. Genauso geht es mir leider mit La La Land, welcher bei der diesjährigen Oscarverleihung voraussichtlich in mehreren Kategorien absahnen wird.
Fazit
Um Stephen King zu zitieren: Das Wichtigste an einer Geschichte ist ihr Ende ( The Secret Window)
Ich gehe noch einen Schritt weiter und sage: Das Wichtigste an einer Geschichte sind ihr Anfang und ihr Ende.
Geht der Anfang daneben, so dauert es am Ende ziemlich lang mich als Zuseherin in den Bann zu ziehen. Da kann das Ende auch noch so cool gemacht sein. Irgendwie funktioniert die Geschichte dann nicht mehr ganz so wie sie von ihren Schöpfern gedacht ist.
Mir ist bewußt, dass es viele ZuseherInnen gibt, welche dieses Problem nicht hatten und den Film von Anfang bis Ende gut fanden. Dies sei ihnen auch gegönnt. Ich kann verstehen warum man diesen Film liebt. Für mich hat’s halt einfach in der Form nicht gefunkt.
Das Gesamtwerk ist aber weder genial noch genial dabeben. Ich vergebe an La La Land daher melodiöse 3 von 5 Krokis, welche sich aus dem Mittelwert eines Hollywood-Kitschendes mit 3,5 Punkten plus eines kühlen Realitätsendes mit 2,5 Punkten ergeben.
3 / 5
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