Hier erfahren wir was geschieht, wenn der Wohnbaustaatssekretär als einziger einen Anschlag überlebt und unfreiwillig zum Präsidenten wird.
The Capitol’s been attacked. Congress, Cabinet … Eagle is gone. Sir, you are now the President of the United States.
Unter den Sendungen, die ich auf meiner dringenden to-do Liste hatte, war die erste Staffel von Designated Survivor (ABC 2016) zwar nicht, aber der Zufall wollte es so, dass Mister Kroki den Teaser auf Netflix gesehen hatte und mich dazu überredete, diese gemeinsam anzusehen. Mittlerweile läuft in den USA schon eine zweite Staffel, also dachte ich mir dies sei auch ein sinnvoller Zeitpunkt mit der ersten nachträglich anzufangen. Ob das eine gute Idee war, die ersten verregneten, stürmischen Novemberabende zu verbringen, könnt ihr in diesem Review nachlesen:
(Vorsicht milde Spoiler!)
Fiktive Prämisse mit realistischem Hintergrund
Wie schon der Serientitel verrät, dreht die ganze Geschichte sich um den nahezu einsamen Überlebenden eines fiktiven Terroranschlags, im Zuge dessen das gesamte Capitol – Gebäude in Washington in die Luft gejagt wird und alle Regierungsmitglieder, die gerade der State oft he Union Rede des Präsidenten gelauscht hatten, sterben.
Tom Kirkman (Kiefer Sutherland) ist als Secretary of Housing and Development (= soetwas wie der Wohnbaustaatssekretär) zwar nicht gerade ein hochrangiges Regierungsmitglied, aber dennoch auf der Liste derjenigen Politiker zu finden, welche abwechselnd bei großen Regierungsveranstaltungen, wie z.B. Reden des Präsidenten vor dem Kongress, an einem geheimen, extra abgesicherten Ort verbleiben, damit im Falle einer vollständigen Vernichtung der Regierung der Vereinigten Staaten noch immer irgendjemand übrig ist, der die Regierungsgeschäfte weiterführen kann, bis eine neue Regierung gebildet werden kann.
Diese Serienprämisse beruht durchaus auf real existierenden Vorbildern. Seit der Atomkrieg – Obsession der 1960er Jahre gibt es in den USA die Tradition des sogenannten Designated Survivors. Auch im wahren Leben sind dies Personen, die ein gewisses Alter (über 35 Jahre) erreicht haben, sowie einschlägige Erfahrungen in politischen Ämtern nachweisen müssen, aber einen relativ niedrigen Rang in der Staatsregierung bekleiden, so dass ihr Fernbleiben bei wichtigen Events nicht besonders auffällt. Ein paar Infos zu echten Designated Survivors der letzten Jahre könnt ihr z.B. in diesem FAZ – Artikel nachlesen
Sofern der Artikel gut recherchiert ist (was ich annehme), wird den Auserwählten auch, genau wie in der TV Serie gezeigt, nicht viel Training oder Anleitung angeboten, wie sich sich im Ernstfall genau zu verhalten haben. Im Falle useres fiktiven Serien-Hauptcharakters Tom Kirkman geht das sogar so weit, dass er, als er das brennende Capitol im Fernsehen sieht, zunächst noch garnicht zu realisieren scheint, was in dieser Minute nun alles auf ihn zukommt.
Pro
Solides Ensemble das ohne große Schauspielernamen auskommt
Was mir schon in den ersten Folgen der Serie auffiel ist die Tatsache, dass sie – bis auf Kiefer Sutherland, den viele von uns als Rebell der 1980er Filmlandschaft und natürlich auch aus der spannungsgeladenen 24 Reihe in Erinnerung haben – so ziemlich ohne ganz große Schauspielernamen auskommt.
Trotzdem finden sich bei näherem Hinsehen in einigen Nebenrollen Darstellerinnen, die durchaus auch auf eine schon länger währende Hollywood – Karriere zurückblicken können. Darunter fallen z.B. Kirkmans Ehefrau Alex (Natascha McElhone), Senatorin Kimble Hookstraten (Virginia Madsen) und die FBI Ermittlerin Hannah Wells (Maggie Q).
Auch unter den mir bisher nicht bekannten SchauspielerInnen gibt es einige sehr solide Ensemble-DarstellerInnen, die ebenfalls ihre kleinen Szenen im Rampenlicht haben, aber im Großen und Ganzen ziemlich gleichberechtigt ihre guten Leistungen zur Schau stellen dürfen.
Darunter fallen vor allem Kal Penn als Seth Wright, der Redenschreiber und späterer Pressesprecher des Weißen Hauses, sowie Italia Ricci als Emily Rhodes, die Ratgeberin des Präsidenten, Malik Yoba als FBI Ermittler Jason Atwood und Adan Canto als neuer Chief of Staff Aaron Shore.
Vor allem Rhodes und Shore passen in ihren Interaktionen als rivalisierende ,aber auch gut aufeinander abgestimmte, engste Vertraute des unfreiwilligen Präsidenten wirklich gut zusammen. Besonders hervorzuheben ist auch die Chemie zwischen Sutherlands Präsident Kirkman und Madsens Senatorin Kimble, die einander zwar grundsätzlich positiv gegenüber treten, dann aber auch sehr deutlich ihre eigenen Interessen verfolgen und einander des Öfteren effektvoll in die Quere kommen.
Contra
Ein etwas blasses Gegenspielerpärchen
Nicht ganz so überzeugt war ich allerdings von den schauspielerischen Qualitäten der beiden Darsteller des MacLeish Clans: Ashley Zukerman als Peter MacLeish, der einzige Überlebende der direkt im Capitol anwesend war als die Explosionen stattfanden, und Lara Jean Chorostecki als dessen Ehefrau Beth MacLeish.
Beide spielen zwar extrem handlungsbeeinflussende Rollen, haben aber für meinen Geschmack irgendwie nicht das richtige Charisma um die Intrigen, in die sie involviert sind, glaubwürdig und spannend zu unterstreichen. Bei Zukerman hatte ich außerdem das seltsame Gefühl er wolle einen depressiven Jake Gyllenhal imitieren. So kam es mir zumindest anhand seiner Mimik und Gestik vor.
House of Cards für Arme ?
Böse Stimmen mögen Designated Survivor als den kleinen, kommerzieller produzierten und nicht ganz so bekannten Bruder von House of Cards ansehen, dem der Durchschnittszuschauer inhaltlich leichter wird folgen können als dem in vielerlei Hinsicht überdimensional wirkenden Vorbild. Zugegeben, auch ich hatte diesbezüglich so meine Bedenken und teilweise haben diese sich auch bewahrheitet.
Kiefer Sutherland liefert eine sehr glaubwürdige und solide Performance als Hauptcharakter Tom Kirkman ab, ist aber nunmal kein Kevin Spacey. Und auch die Handlungsstränge, politische Intrigen und mysteriöse Vorkommnisse sind um einiges weniger verstrickt und verworren als in der schon länger laufenden, politisch brisanten Kultserie. Trotzdem würde ich Designated Survivor aber nicht seine Eigenständigkeit und den doch sehr hohen Spannungs- und Unterhaltungswert aberkennen wollen. Ja, die Serie ist mehr für die Masse und gelegenheitszuschauerfreundlicher gemacht als House of Cards. Doch das alleine sollte kein Grund sein, die durchaus soliden Leistungen von DarstellerInnen, AutorInnen und Produktionsteam weniger wert zu schätzen.
Dennoch muss ich darauf hinweisen, dass manche Plot Points und Cliffhangerauflösungen schon sehr vorhersehbar sind und bei meinen Sichtungen gemeinsam mit Mr. Kroki eigentlich nur einmal der Fall eintrat, dass wir den Ausgang einer Folge nicht schon während ihrer Laufzeit vorhersehen konnten. Um spoilerfrei zu bleiben, hier nur der Hinweis darauf, dass es die Folge war deren Showdown auf dem Soldatenfriedhof Arlington stattfand.
Fazit
Nein, Designated Surviovor ist nicht das neue House of Cards, aber auch kein House of Cards für Arme, sondern eine durchaus eigenständige Serie. Politische Bezüge auf reale Gegebenheiten sind natürlich vorhanden, fallen im Vergleich zu genannter Kultserie aber um einiges geringer und zahmer aus. Der Fokus liegt klar auf den Beziehungen der Hauptcharaktere untereinander, ihren Ängsten, Hoffungen und Träumen, die mit solider Spannung, einer guten Portion Intrigenverwirrspiel und genügend actionhaltigen Sequenzen aufgepeppt werden.
Alles in allem fühlte ich mich durch die erste Staffel dieser Serie sehr gut unterhalten. Die Gesamtzahl von 21 Episoden erfordert jedoch auch einiges Sitzfleisch. Daher vergebe ich 3,5 von 5 präsidialen Krokis, die vor jeder wichtigen Review-Veröffentlichung auf diesem Blog zur Sicherheit an einen geheimen Hochsicherheitsort gebracht werden, damit sie auch alle unvorhergesehenen Eventualitäten überleben.
3,5 / 5
Fragen an die Leserschaft
Habt ihr dieser Serie schon einen Besuch abgestattet ?
Wie hat sie euch gefallen ?
Werdet ihr auch die zweite Staffel noch ansehen ?
Eure Infos, Fragen und Antworten könnt ihr wie immer in den Kommentarenposten.
Über Rückmeldungen freue ich mich immer !