Rechtzeitig vor dem Start der Ausstrahlung von Teil 2 der ersten Staffel habe ich es endlich geschaftt meine Gedanken zu den Folgen 7-9 zusammen zu fassen. Den Artikel zu den ersten 6 Folgen könnt ihr hier nachlesen.
(Vorsicht Spoiler)
Gleich vorweg muss ich erstmal meinem Frust darüber Ausdruck verleihen, dass die erste Staffel von Star Trek : Discovery bei ihrer Erstausstrahlung auf dem amerikanischen Sender CBS unnötiger Weise in zwei Portion serviert wird. Während wir die ersten 9 Episoden der Staffel 1 zwischen Ende September und Anfang November 2017 zu sehen bekamen, werden die restlichen 6 Episoden uns erst nach ca. 1,5 Monaten Pause ab 8. Januar 2018 präsentiert.
Die Unsitte, eine Serienstaffel in 2 Teile aufzuspalten, kenne ich persönlich bisher nur von DVD-Veröffentlichungen. Angeblich ist der Trend jetzt aber auch für Erstausstrahlungen im Kommen. Wahrscheinlich erwartet sich der Sender dadurch mehr Zuseher zu gewinnen, die zwischendurch über einen kleinen Streaming-Bingewatch einsteigen, als es bei einer Ausstrahlung ohne längere Pausen der Fall wäre. Hoffentlich setzt sich das in Zukunft nicht flächendeckend durch, denn was ist wirklich damit gewonnen, wenn man ein Paar neue Zuseher mehr erreicht, dafür aber andere angepisst sind und das Interesse daran verlieren nach der Pause wieder einzusteigen.
Was wäre Star Trek ohne Zeitreisen?
In Folge 7 Magic to Make the Sanest Man Go Mad erleben wir die Variation eines sehr essentiellen Star Trek Themas. Zeitreisen und die daraus resultierenden, oft seltsam aufgelösten Verwicklungen verschiedener Zeitlienien waren schon immer eine besondere Spezialität des ST –Universums. Zeitreisegeschichten wie Tomorrow is Yesterday oder City on the Edge of Forever erlangten schon seit der Ursprungsserie mit Captain Kirk, Spock und Pille Mc Coy eine ganz besonders breitgefächerte Beliebtheit. So ist es auch nicht verwunderlich, dass jede nachfolgende ST-Serie mindestens eine herausragende Zeitreisefolge enthalten musste und auch 2 der Kinofilme (Star Trek IV – The Voyage Home und Star Trek VIII – First Contact) auf diesem Konzept aufgebaut sind.
Natürlich ist die Latte dadurch auch entsprechend hoch gelegt. Um die erwartete Sprunghöhe zu erreichen, wird in dieser Folge eine nette Endlos-Zeitschleife aufgebaut, welche es zu durchbrechen gilt. Als weiteres Highlight taucht mit Harry Finton Mudd auch einer der bekanntesten Nebencharaktere der alten Star Trek Serie aus den 1960ern wieder auf. Nachdem er ja schon in der Folge 5 Choose Your Pain dabei war, macht sein erneuter Auftritt auch innerhalb dieser Serie durchaus Sinn. Und obwohl diese Version des tragisch – komischen Schurken (gespielt von Rainn Wilson) weitaus gemeiner und hinterhältiger ist als der im Vergleich doch recht zahm und eher dämlich wirkende ursprüngliche Harry Mudd (dargestellt von Roger C. Carmel), trifft die Geschichte meiner Meinung nach mit dieser Kombination voll ins Schwarze.
Stamets: As days go, this is a weird one
Obwohl die Auflösung wiedermal etwas hirnrissig ist, fand ich diese Episode sehr unterhaltsam. Nebenbei trug sie auch zur allgemeinen Charakterentwicklung des Quartetts Burnham (Sonequa Martin-Green), Stamets (Anthony Rapp) , Tilly (Mary Wiseman) und Ash Tyler (Shazad Latif) bei, welche gemeinsam einen Lösungsweg erarbeiten müssen, während die Zeitschliefe von Mudd immer wieder zurück gesetzt wird, bis er vermeindlich an seinem eigentlichen Ziel angekommen ist.
Die sich anbahnende Liebesgeschichte zwischen Tyler und Burnham wurde zum Glück nur am Rande erzählt und war nicht der zentrale Punkt dieser Folge. Dennoch rechne ich damit, dass dies in Zukunft noch wichtig sein wird, da wir ja noch immer nicht wissen in wie fern Tyler wirklich der ist der er zu sein scheint.
Tinnitus gegen Tarnvorrichtung
Nach der doch recht „lustigen“ Geschichte rund um Harry Mudd und die Zeitschleife wartet Folge 8 mit dem ungewöhnlichem Titel Si Vis Pacem, Para Bellum (Wenn du Frieden willst, musst du den Krieg vorbereiten) und einer seltsamen Mischung aus Friedensphantasie und doch eher düsteren Entwicklungen auf.
Ähnlich wie Zeitreisen und Harry Mudd sind auch die Klingonischen Tarnvorrichtungen ein Element das seit den 1960ern immer wieder aufgegriffen wird. Diesmal geht es darum, dass Burnham gemeinsam mit Ash Tyler und dem Alien Saru (Doug Jones) einen Sender inspizieren soll, der sich auf dem Planeten Pahvo befindet und zum Zwecke der Aufspürung getarnter Klingonenraumschiffe umfunktioniert werden könnte.
Wer Saru mag und findet, dass er in den Folgen davor etwas stiefmütterlich behandelt wurde, wird sich freuen, dass ein sehr großer Teil der Handlung auf dem Planeten Pahvo sich um ihn dreht. Da er einer Spezies angehört, die sich aus Beutetieren entwickelte und daher sehr sensibel auf mögliche Gefahren reagiert, haben die seltsamen Summgeräusche, die durch die konstante Vibration des Planeten entstehen, eine verherende Wirkung auf ihn. Andererseits erklärt seine Herkunft auch, warum er für das Harmoniestreben der auf Pahvo ansässigen Aliens besonders empfänglich ist und sich dadurch sogar dazu hinreißen lässt sich gegen seine Kameraden zu stellen.
Saru: I lied to you. And Lieutenant Tyler. I attacked you. I could have killed you.
Burnham: You weren’t yourself.
Saru: But I was. We are born afraid, we Kelpiens. It’s how we survive. As such, my whole life I have never known a moment without fear. The freedom of it. Not one moment. Until Pahvo.
Interessanterweise scheint es bei Discovery auch zur Tradition zu werden, dass Nebencharaktere, die in einer Folge dabei waren in der ihr Schicksal am Ende offen blieb, erst zwei Folgen später wieder auftauchen. Diesmal ist es Admiral Cornwell (Jayne Brook), welche am Ende von Episode 6 Lethe ja von den Klingonen entführt worden war. Ich hatte schon Angst, dass wir sie hier zum letzten Mal zu Gesicht kriegen. Sie wußte einfach zuviel über Captain Lorca sowie über die seltsamen Pläne der Klingonin L’Rell (Mary Chieffo).
Mid-Season Cliffhanger ab in den Wald
Obwohl Folge 9 Into the Forest I go mathematisch gesehen nicht ganz die Mitte der insgesamt 15 Folgen umspannenden ersten Staffel ist, stellt sie als letzte Folge vor der Winterpause doch soetwas wie eine Handlungsmitte dar und wartet mit einem sehr gut platzierten Cliffhanger auf, damit wir Zuseher uns motiviert fühlen auch nach dem Jahreswechsel noch an der Auflösung interessiert zu sein.
Der etwas kryptische Titel dieser Folge hängt mit Stamets Wahrnehmung des Spore Drive Netzwerkes zusammen und bezieht sich auf seine Erkenntnis darüber wie die Tardigrade-Aliens, durch deren DNA er imstande ist sich ebenfalls als Navigationseinheit einspannen zu lassen, ihren Weg hindurch finden.
Stamets: There’s a clearing in the forest. That’s how they go !
Weiters beruht er auf einem Zitat des schottisch-amerikanischen Naturphilosophen John Muir:
And into the forest I go, to lose my mind and find my soul
Mich erinnert dieses Zitat auch an die titelgebende Textzeile aus der Musical – Märchenparodie Into The Woods von Stephen Sondheim:
Into the woods without delay
But careful not to lose the way.
Into the woods who knows what may
Be lurking on the journey ?
In vielen traditionell überlieferten Märchengeschichten ist der Wald ein Ort an dem es Abenteuer und Herausforderungen zu bestehen gibt, welche für den/die PrtagonistIn sehr gefährlich sind und ihn/sie in irgendeiner Form verändern. Die Art wie die HeldInnen diese Herausforderungen meistern, hat für uns LeserInnen immer eine bestimmte moralische Botschaft. Rotkäppchen hätte z.B. nicht alleine durch den Wald wandern sollen und sich dann auch noch vom rechten Wege abbringen lassen. Gleichzeitig hat jedes Abenteuer im Wald aber auch eine heilsame Wirkung. Wer die Geschehnisse dort überlebt, hat etwas über das Leben gelernt und geht gestärkt aus dieser Erfahrung hervor.
Kulturell gesehen ist Star Trek ein modernes Zukunftsmärchen. Der Wald, durch den unsere HeldInnen wandeln, liegt in den unendlichen Weiten des Weltraums. Das Abenteuer besteht darin, dorthin zu gehen wo noch kein Mensch zuvor gewesen ist.
Space – The final frontier. These are the voyages of the starship Enterprise. It’s 5-year mission to explore strange new worlds. To seek out new life and new civilizations. To boldly go where no one has gone before!
Was mir an der letzten Folge vor der Winterpause sehr gut gefällt ist, dass sich in ziemlich kurzer Zeit mehrere Handlungsstränge parallel weiter entwickeln und am Ende ziemlich viel Raum für Spekulationen eröffnet wird, was die Crew der Discovery wohl alles „im Wald“ erwarten wird und wie es mit den Charakteren und der generellen Handlungsentwicklung weiter gehen wird.
In bester Star Trekt Manier ignoriert Captain Lorca (Jason Isaacs) erstmal traditionsgemäß die Befehle seiner Vorgesetzten vollkommen und denkt keineswegs daran den Planeten Pahvo den Klingonen zu überlassen. Statt dessen schickt er Burnham und Tyler auf eine Stealth-Mission zu den Klingonen, um auf deren Sarkopharg-Raumschiff eine Transmitterboje zu platzieren. Die Tatsache, dass diese Boje ziemlich groß ist und bei der Inbetriebnahme sehr laut, sorgte für sehr lustige Reaktionen im Fandom, störte das Vergnügen an der Folge aber zum Glück nur am Rande.
Indessen wird Stamets, der ja aufgrund seiner vom Tardigrade geerbten Fähigkeiten, trotz seines sichtbar schon angeschlagenen Zustands, dafür eingesetzt mehrere Spore Drive Sprünge hintereinander auszuführen, um die Signale, die der Sender auf dem Klingonenraumschiff aussendet, aus verschiedenen Winkeln aufzufangen und dessen Standort so besser lokalisieren zu können.
Stamets ist nicht gerade einer meiner Lieblingscharaktere. Ich fand ihn bisher eigentlich eher unsympathisch. Dennoch tat er mir am Ende doch leid als er nach einer sehr theatralischen Abschiedsrede, wie schon zu erwarten war, nach dem letzten Sprung in eine Art Koma fällt, da sein Geist sich als Nebenwirkung auf mehreren Ebenen in Raum und Zeit gleichzeitig zu befinden scheint.
Stamets: Traveling the mycelial network is like mingling with the most abstruse blips of our celestial existence. I’ve seen these stars through a lens no one else has access to.
Admiral Cornwell hilft Ash Tyler, der sie eigentlich retten sollte, seine Panikattacke zu überwinden, in die er durch die Begegnung mit der Klingonin L’Rell gestürzt wurde. Diese hatte ihn ja vor seiner Begegnung mit Admiral Lorca auf dem Gefängnisraumschiff in Folge 5 Choose Your Pain gefangen gehalten. Zum Glück werden beide am Ende gerettet und auch L’Rell wird gefangen und zur Discovery mitgenommen.
Das Beste an dieser Folge sind jedoch die letzten paar Minuten, als die Discovery den letzten Spore Drive Sprung macht, der sie laut Aussage von Captain Lorca nach Hause bringen soll. Dass er selbst einen manuellen Override-Code in die Konsole eingibt, habe ich beim ersten Mal nicht gesehen, da die Szene doch sehr wackelig und schnell geschnitten ist. Aber Standbild und Internetforen sei Dank – es ist tatsächlich sichtbar dass Lorca den Kurs absichtlich ändert und die Discovery anscheinend mit Absicht an einen bisher noch nicht bekannten Ort springen lässt.
Raum für wilde Spekulationen
Großen Spaß gemacht haben mir die wilden Spekulationen, welche in der sauren Gurken Zeit zwischen Cliffhanger und Weiterführung der Serie im Januar 2018 durchs Fandom geisterten.
- Ist Ash Tyler nun wirklich der plastisch umoperierte Klingone Voq , der das selber nicht weiß und sich nur mehr mittels aus dem Zusammenhang gerissener Flashbacks an seine Beziehung zu L’Rell erinnern kann?
- Ist die Discovery nun tatsächlich im bösen Spielgeluniversum gelandet und wie werden sie dort wieder weg kommen?
- Wird Stamets wieder aus dem Koma erwachen und wenn ja, wie sehr wird er sich dadurch verändert haben?
- Stammt Captain Lorca in Wahrheit aus dem bösen Spiegeluniversum und wollte daher absichtlich dahin zurückkehren?
Fazit:
Nachdem ich schon die ersten 6 Folgen der Serie gut fand, wurde ich auch von den Folgen 7-9 nicht enttäuscht. Im Gegenteil, ich finde sogar, dass es eine erhebliche Steigerung in der Spannung gibt, welche in einem fulminanten Cliffhanger gipfelt, der mich äußerst neugierig auf die Fortsetzung macht.
Ich vergebe daher auch hier wieder 3,5 von 5 Krokis, wobei eines davon eine halb umoperierte Kaulquappe ist, die sich nicht daran erinnern kann wer sie eigentlich wirklich ist. Die restlichen 3 sind derzeit noch im Wald verschollen.
3,5 / 5
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